"Stefan Jäger" - Preisträger 2000, 1997

Preisträger 2000

Ingrid Karin Protocsil (Reschitza), Trägerin des „Stefan Jäger“ -Preises für das Jahr 2000
Verliehen in Temeswar, am 11. Mai 2001

Am Freitag, dem 11. Mai 2001, wurden im Temeswarer „Adam Müller Guttenbrunn“ - Haus die Heimattage der Banater Deutschen eröffnet. Hauptveranstalter war das Demokratische Forum der Deutschen im Banat.

Innerhalb des Eröffnungsfestakts fand auch die festliche Verleihung des „Stefan Jäger“- Preises der „Stefan Jäger“- Stiftung an die Reschitzarerin Ingrid Karin Protocsil statt. Die Laudatio hielt Erwin Josef Ţigla und den Preis verlieh Dir. Horst Martin.

Geboren am 8. Februar 1978 in Großwardein, besuchte Ingrid Karin die ersten Schuljahre in der deutschen Abteilung der Allgemeinschule Nr. 6 Reschitza, danach das Mathematik-Physik-Lyzeum auch in Reschitza. In den Jahren 1992 - 1997 besuchte sie die Lehrerbildungsanstalt „Andrei Şaguna“, deutsche Abteilung, in Hermannstadt. Seit 1997 ist sie als Grundschullehrerin am „Diaconovici-Tietz“ -Lyzeum in Reschitza tätig.



Sie nahm an verschiedenen Fortbildungsseminaren für Lehrer im In- und Ausland teil. Seit 1998 ist sie Organisatorin und Leiterin des Ferienlagers „Deutsch mit Spaß“ (1998, 2000 und heuer in Russberg, 1999 in Weidenthal), vom Demokratischen Forum der Banater Berglanddeutschen in Zusammenarbeit mit dem Alpenländischen Kulturverband „Südmark“ in Graz ausgeführt.

Im Jahre 1998 gründete sie die „Rolf Bossert“ -Schülertheatergruppe des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen und der deutschen Gymnasialklassen des Reschitzaer Lyzeums. Mit der Theatergruppe nahm sie an verschiedenen inländischen Veranstaltungen teil und wird im Juni nach Gleisdorf / Steiermark auf Tournee fahren.

Seit 1998 ist sie Leiterin des Jugendforums Reschitza und im Vorstand des Banater Jugendforums.

Wir gratulieren die Preisträgerin aufs herzlichste und wünschen ihr weiterhin viel Erfolg!

Erwin Josef Ţigla

Preisträger 1997

Yvonne Christa Demenyi (Reschitza), Trägerin des „Stefan Jäger“ -Preises für das Jahr 1997
Verliehen in Reschitza, am 11. Oktober 1997

Innerhalb des Festprogramms zum Heimattag der Banater Berglanddeutschen und zum 10-jährigen Jubiläum des Kultur- und Erwachsenenbildungsvereins „Deutsche Vortragsreihe Reschitza” wurde Lehrerin Yvonne Christa Demenyi seitens des „BANATIA”- Vereins aus Temeswar der „Stefan Jäger”- Preis für das Jahr 1997 verliehen.

Lob des Lehrers

Motto:
Als er siebzig war und war gebrechlich
Drängte es den Lehrer doch nach Ruh
Denn die Güte war im Lande wieder einmal schwächlich
Und die Bosheit nahm an Kräften wieder einmal zu.
Und er gürtete den Schuh.
(...)

Doch am vierten Tag im Felsgesteine
Hat ein Zöllner ihm den Weg verwehrt:
„Kostbarkeiten zu verzollen?” - „Keine.”
Und der Knabe, der den Ochsen führte, sprach:
„Er hat gelehrt.”
Und so war auch das erklärt.

Doch der Mann in einer heitren Regung
Fragte noch: “Hat er was rausgekriegt?”
(...)
„Schreib mir’s auf! Diktier es diesem Kinde!
So was nimmt man doch Papier bei uns und Tinte
Und ein Nachtmahl gibt es auch: ich wohne dort.”
(...)
Eine höfliche Bitte abzuschlagen
War der Alte, wie es schien, zu alt.
Denn er sagte laut: „Die etwas fragen
die verdienen Antwort.”
(...)

Und dem Zöllner händigte der Knabe
Eines Morgens einundachtzig Sprüche ein.
Und mit Dank für eine kleine Reisegabe
Bogen sie um jene Föhre ins Gestein.
Sagt jetzt: Kann man höflicher sein?

Aber rühmen wir nicht nur den Weisen
Dessen Name auf dem Buche prangt!
Denn man muss dem Weisen seine Weisheit
erst entreißen.
Darum sei der Zöllner auch bedankt:
Er hat sie ihm abverlangt.

(B. Brecht: Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Wege des Laotse in die Emigration )



Als Teja Louis Butz, der Berater für den Deutschunterricht in Westrumänien, mich in Klausenburg darauf ansprach, auf die diesjährige „Stefan Jäger” -Preisträgerin Yvonne Christa Demenyi, Lehrerin in Reschitza, eine Laudatio zu halten, zögerte ich aus einem einzigen Grund mit der Zusage: Ich freue mich diebisch, anderen beim Reden zuzuhören. Ich gebe aber auch gerne zu, dass mich eine Lobrede auf die Lehrerschaft, ein Lob des Lehrers, gereizt hat. Wir alle sind, in unterschiedlich hohem Maß, Produkte unserer Lehrer. Also im obenzitierten Brechtschen Sinn: Wir sind alle Zöllner, die dem Weisen - sprich: dem Lehrer - seine Weisheit abverlangen. Keiner sollte vergessen, dass es Zeiten gab, wo ihm das Wort des Lehrers mehr galt als irgendein anderes Wort. Und das besonders in der Grundschule.

Hier soll eine Grundschullehrerin honoriert werden. Lobend den Lehrer sei daran erinnert, dass er dazu ausgebildet wird, Lehren als Wegzoll seines und unseres Lebens zu hinterlassen. Das hat die Gesellschaft zu allen Zeiten unterschiedlich honoriert. Unsere Gesellschaft macht seit mehr als einem halben Jahrhundert den Fehler, ihre Lehrer schlecht zu bezahlen. Einer der jungen Lehrer, die wir an der Hochschule hatten - ein Zigeuner übrigens, der uns wissenschaftlichen Sozialismus vortrug - wiederholte immer wieder den Satz: Weh jener Gesellschaft, die ihre Lehrer schlecht bezahlt! Dadurch kam der Beruf in Verruf. Und es ist ein außerordentlich besorgniserregendes Zeichen, wenn an einer Hochschule, die vorrangig auf Ausbildung von Lehrern profiliert ist, in diesem Jahr von den 29 Absolventen nur zwei oder drei sich entschließen konnten, Deutschlehrer zu werden. Lehrer sind zu Parias der Gesellschaft geworden, zu Verbannten. Um wieder mit meinem von der konjunkturreiterischen Literaturkritik ungerecht behandelten Lieblingsdichter Brecht zu argumentieren: Er sah das in seinem “Besuch bei den verbannten Dichtern” so: „Als er im Traum die Hütte betrat der verbannten Dichter, die neben der Hütte gelegen ist Wo die verbannten Lehrer wohnen (er hörte von dort Streit und Gelächter) (...)”. Die Assoziierung Gelehrte - Dichter - Lehrer kommt nicht von ungefähr und verdient es, vertieft zu werden. Sie alle brauchen ein Publikum, ob sich dies nun Anhänger, Leser oder Schüler nennt. Deshalb muss ein Lob des Lehrers auch ein Lob des Schülers sein. Nicht zu vergessen: Dem Weisen muss die Weisheit erst abverlangt werden! Zwar kann es nicht ganz stimmen, dass jeder Lehrer so gut ist wie seine Schüler es sind / sein wollen, aber beide, Lehrer und Schüler, können gemeinsam besser werden. Deshalb muss auch ein Lob des Lernens ausgesprochen werden und der Lernwilligkeit. Nur wer lernen will, kann Lehrern Belehrungen annehmen. Nur Lehrer, die zeitlebens auch Schüler bleiben können, haben den Stoff zum guten Lehrer. Ich erinnere mich an die ersten beiden Jahre, als Yvonne Christa Binder -Demenyi und Mutter zweier Töchter wurde sie ja erst später - als frischgebackene Absolventin des Hermannstädter „Päda” auf den leisen aber bestimmten Halt bauen konnte, den ihr eine der besten Lehrerinnen, die je in Reschitza unterrichteten, Frau Elisabeth Ziegler, gewährt hat. Dass unsere heutige Preisträgerin einen Lehrerzirkel leitet, wo alle Lehrer der deutschen Schulen der Stadt und ab und an auch des ganzen Banater Berglands teilnehmen, das zeigt, dass sie selber gute Lehrer hatte und lernfähig und lernwillig geblieben ist. Und darauf muss jeder Lehrer vorbereitet werden. Darum muss an dieser Stelle auch ein Lob der Eltern und Großeltern folgen. Ohne sie wäre mancher Schüler bestenfalls ein Mitläufer und mancher Lehrer würde sich umsonst die Stimme heiser reden. Und jeder Lehrer könnte durch irgendwelche Apparate ersetzt werden, wenn man nicht auf den Menschen in ihm bauen müsste. Der auch Fehler hat. Deshalb ein Lob der Fehler der Lehrer, denn indem sie sie zu überwinden suchen, bleiben sie Menschen. Kein Lob des Lehrers darf ohne ein Lob der Höflichkeit erfolgen. Die höchste Form der Höflichkeit, so wie sie hier verstanden werden will, ist die Weitergabe von Wissen, von Können, von Schönheit des Geistes und der Haltung. Höflich ist, wer schenken kann. Und höflich ist auch, wer anzunehmen versteht. Denn nur: „Die etwas fragen, die verdienen Antwort.”

Antworten muss man sich verdienen, das kann hierzulande nicht oft genug betont werden.

In diesem Sinn sei nicht zuletzt auch ein Lob des Spenders ausgesprochen. Es ist nichts alltägliches, wenn einem Lehrer ein Preis für seine Müh verliehen wird.

Hier und heute wird Korrektur der Gesellschaft geübt, ausgleichende Gerechtigkeit.

Als Schüler und Vater, als Nutznießer von Wissen und Genießer von Kunst, als lehrender Kollege und kollegialer Neider, als distanziert Bewundernder, als (hoffentlich) kritisch Lobender und lobend Kritischer schließe ich diese Laudatio mit einem nochmaligen Lob des Lehrers und dem Wunsch, dass dieser „Stefan Jäger” -Preis des Banater Vereins für Internationale Kooperation „Banatia”, diese ausgleichende aber bestimmt nicht ausreichende Gerechtigkeit, allen Lehrern wiederfahren möge !

Prof. Werner Kremm